VUCA ist ein Akronym (Kunstwort), erstmals 1987 verwendet und gestützt auf die Führungstheorien von Warren Bennis und Burt Nanus.
Mitte der 1990er Jahre, nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Systems gab es auf einmal nicht mehr den EINEN FEIND. Im Jargon des amerikanischen Militärs beschreibt VUCA die Bedingungen des modernen Krieges – Stichwort: asymmetrische Kriegsführung, Selbstmordattentäter, Dschungel- oder Straßenkampf. Die Bedingungen lassen sich nicht mehr mit den klaren Frontlinien vergangener Schlachten vergleichen, in denen zwei große Heere aufeinander trafen.

VUCA ist ein Akronym
Das Akronym VUCA setzt sich aus den vier Begriffen Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität zusammen.

  • Volatilität (volatility) beschreibt die Schwankungsintensität über den zeitlichen Verlauf. Leicht verständlich wird es am Beispiel von Aktienkursen: Innerhalb eines kurzen Zeitraums stark schwankende Aktienkurse zeigen sich als „scharfe Zacken“ im Verlaufs-Chart. Je höher die Volatilität, desto stärker und „zackiger“ die Ausschläge.
  • Unsicherheit (uncertainty) beschreibt in diesem Modell die Unvorhersagbarkeit von Ereignissen. Je mehr „Überraschungen“ der Kontext bereithält, desto unsicherer ist dieser.
  • Komplexität (complexity) wird durch die Anzahl von Einflussfaktoren und deren gegenseitiger Abhängigkeit bzw. Interaktion beeinflusst. Je mehr Interdependenzen ein System enthält, desto komplexer ist es. Der Begriff „komplex“ ist dabei vom Begriff „kompliziert“ zu differenzieren – auch wenn beide oft fälschlicherweise äquivalent benutzt werden. Ein kompliziertes System kann man vereinfachen, ohne die interne Struktur des Systems zu zerstören. Beispiel: ein unübersichtlicher mathematischer Bruch wird durch Kürzen vereinfacht. Ein komplexes System hingegen wird zerstört, wenn man versucht, dieses zu vereinfachen – z.B. durch Zerlegen.
  • Ambiguität (ambiguity) beschreibt die Mehrdeutigkeit einer Situation oder Information. Selbst wenn viele Informationen vorhanden sind (i.S.v. sicher und vorhersagbar), kann die Bewertung derselben immer noch mehrdeutig sein. „Und was heißt das jetzt?“, ist eine typische Frage in solchen Situationen, selbst wenn eigentlich „alle Fakten auf dem Tisch liegen“. Kommunikationssituationen beinhalten häufig ein hohes Maß an Ambiguität. Zu allem Überfluss ist dies den Beteiligten jedoch vielfach nicht einmal bewusst.

VUCA beschreibt die veränderten Rahmenbedingungen
In dieser VUCA-Welt, besonders im Zeitalter der Digitalisierung, müssen Führungskräfte anders agieren – Offiziere ebenso wie Manager. Denn auch für Unternehmen hat sich das Umfeld radikal gewandelt und herkömmliche Führungsmethoden stoßen an ihre Grenzen. An diese neue Welt können und müssen sich Firmen anpassen. VUCA zielt deshalb darauf ab, das nicht Erfassbare erfassbar zu machen. Und steht für die Beschreibung der veränderten Rahmenbedingungen, unter denen heute Entscheidungen getroffen werden müssen. Es ist eine Umgebung, in der Informationen keinerlei prognostische Aussagekraft mehr besitzen, weil Rahmenbedingungen sehr schnell wechseln, Interessenkoalitionen immer vielschichtiger werden sowie Motivlagen sich ständig verändern.

Auf die eigenen Werte kommt es an!
Bleibt noch die Ambivalenzentscheidung. Da hilft zum Beispiel schlichtes Ausprobieren. Der Gradmesser zwischen Abwarten und Handeln ist zentral. Wenn schon alles ständig im Wandel ist (“panta rhei”), wann mache ich mich also auf? Die Erfahrung zeigt, dass es hier keinen absolut richtigen Zeitpunkt gibt. Hilfreich ist es vielmehr, das Spannungsfeld zwischen Wandel einerseits und Identität andererseits sehr bewusst anzunehmen. Die Orientierung liefern die persönlichen Werte. Sie sind der Kompass in den Zeiten der Suche, der Wirren, des Strebens nach einer Entscheidung, der Sehnsucht nach einer authentischen Lösung. Daher sind die eigenen Werte auch die Lotsen in den bewegten digitalen VUCA-Zeiten. Damit sollte man sich heute mehr denn je beschäftigen.

Was tun, wenn alles völlig „VUCA” wird?
Das Militär geht den Weg der Technologie – und setzt damit auf die Strategien der alten Zeit. Mehr Aufklärung, mehr Überwachung, mehr Drohnen, mehr Roboter, mehr … Das Problem: Das ist nur zu einem hohen (nicht nur) finanziellen Preis zu haben. Teilweise können Unternehmen große Datenbestände mit Hilfe von Big Data / Data Mining–Ansätzen zu erforschen versuchen. Allerdings: Die Datenbestände betreffen häufig nur die Kundenseite (nicht die Wettbewerber, Mitarbeiter, Lieferanten oder anderen Stakeholder); nicht alle Kunden kommen in „Tausenden“ daher (die es für das Data Mining braucht); nicht jedes Unternehmen hat die finanziellen Ressourcen, um diese Art von Buddeln im Datenhaufen zu betreiben. Also – was tun?

VUCA wird zum Thema von Führung und Organisationsentwicklung
Führungskräfte und Unternehmer müssen täglich mehr oder weniger weitreichende Entscheidungen treffen. Doch wie kann ich mich in einer VUCA-Welt entscheiden? „Rationales Entscheiden“ gilt immer noch als der Goldstandard der Entscheidungsfindung. Und es stimmt: die Verdienste und Erfolge dieser Vorgehensweise sind unbestritten. Ein Hoch auf die Ratio. Bedauerlich ist jedoch, dass manche Entscheider immer noch glauben, Entscheidungen würden tatsächlich rein rational gefällt werden können. Erkenntnisse der Hirnforschung zeigen hingegen vielmehr, dass die Ratio vielfach nur ein „Rechtfertigungs-Bereitsteller” der vorher „vom Bauch“ gefällten Entscheidung ist. Die „Gründe suchende“ Ratio ist in diesem Sinne nur Diener einer intuitiv – und teilweise unbewusst – getroffenen Entscheidung. Zugegeben: auch das ist eine undifferenzierte und überspitzt dargestellt Sichtweise. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass bei Entscheidungssituationen die am meisten angemessene Lösung auftaucht, wenn sowohl Ratio als auch Intuition ihren Platz erhalten und ihnen gleichermaßen Stellenwert zugesprochen wird. Letztlich geht es damit immer um die zwei Parameter: Wie viele Informationen habe ich über eine Situation, und wie sehr kann ich die Auswirkungen meines Handelns abschätzen? Grundsätzlich kann ich dem begegnen, indem ich volatilen Rahmenbedingungen genügend Schwankungspuffer, ungewissen Situationen eine solide Informationsmenge und komplexen Entwicklungen eine Kombination von Information und Ressourcen entgegensetze.

Beitrag von Waltraud Gläser

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