Fit für die VUCA Welt!

ein Artikel von Thomas Jorré

In diesem Artikel fasse ich die Erkenntnisse aus den Kommentaren und Nachrichten zusammen, die ich auf meine letzten Beiträge auf LinkedIn bekommen habe.

Meeting Kultur

Situation

Wir übertragen aktuell unsere ausgeprägte Präsenzkultur nahezu 1:1 in eine Remote Welt. Das funktioniert nicht. Es füllt unsere Terminkalender mit viel zu vielen Meetings an denen viel zu viele Menschen teilnehmen. Es führt zu Stress und macht die Organisation von tatsächlich notwendigen Meetings zu einer nervtötenden Aufgabe.

Ziel

Wir lernen unsere Remote Situation anzunehmen und entwickeln eine dazu passende (Meeting) Kultur. Unsere Kalender haben wieder freie Lücken, Meetings stressen nicht und die Organisation von Meetings ist einfach.

Erkenntnisse

Synchrones vs. Asynchrones Arbeiten

Remote nehmen unsere Arbeitszeiten Rücksicht auf unser privates Umfeld. Stärker jedenfalls, als im Büro. Kinderbetreuungszeiten, Sport, Spaziergänge, Einkaufen etc. unterbrechen den Arbeitstag. Dafür wird in den Abendstunden häufig noch etwas geschäftliches erledigt. Unsere individuellen Arbeitszeiten unterscheiden sich also stärker als zuvor.

Meetings erzwingen zeitgleiche Anwesenheit, stören den Tagesablauf und unterbrechen Phasen konzentrierten Arbeitens.

Anstatt unsere gewohnte synchrone Meeting Kultur aus Präsenzzeiten 1:1 in Remote nachzustellen, sollten wir lernen zu unterscheiden, wo Synchronität wirklich notwendig ist und wo asynchrones Arbeiten Vorteile bietet.

„Start with the end in mind” – nach Simon Sinek

Wenn Du Dir vorab vor Augen führst, was am Ende erreicht sein soll, dann hilft Dir das bei der Entscheidung für das richtige Format und den richtigen Ort für die Zusammenarbeit. Es erleichtert auch die Entscheidung bzw. Erkenntnis darüber, wen es für das Erreichen des Zieles benötigt.

Vertrauen ist wichtig

Physische Anwesenheit ist nicht gleichbedeutend mit Produktivität. Je nach Zielsetzung kann produktives Arbeiten an ganz unterschiedlichen Orten und in ganz unterschiedlichen Konstellationen möglich sein.

Wichtig ist aber, dass wir uns gegenseitig dahingehend vertrauen, dass niemand die gewonnenen Freiheiten ausnutzt, sondern alle bestrebt sind, die besten Ergebnisse zu erzielen.

Empfehlungen zu Meetings

Folge dem Prinzip „Vermeide nicht notwendige Meetings und begrenze den Kreis der Teilnehmenden sinnvoll.“

Frage „Wozu?“

Wozu dient dieses Meeting? Was soll am Ende erreicht werden? Lässt sich das Ziel tatsächlich nur erreichen, wenn alle Beteiligte zeitgleich zusammenkommen? Wenn zum Beispiel eine Entscheidung sofort getroffen werden muss, kann das ein Indiz für ein notwendiges Meeting sein.

Frage „Wer?“

Bevor Du Einladungen verschickst, frage Dich wer wirklich einen Beitrag zum Meeting leisten kann und lade nur diesen reduzierten Personenkreis ein.

Frage „Was?“

Bevor Du einer Einladung zustimmst, frage Dich ob und was Du tatsächlich zum Ziel des Meetings beitragen kannst? Was würde fehlen, wenn Du nicht dabei wärest? Falls das Ziel nicht klar ist, sage nicht zu, sondern bitte um eine Agenda und das Ziel des Meetings. Erst wenn beides vorliegt und Du etwas beitragen kannst, sage zu. Mache diese Entscheidung nicht abhängig vom Status der einladenden Person.

Hinterfrage die Einladung an sich

Musst Du überhaupt Individuen persönlich einladen? Denke darüber nach, den Termin in einem für das Thema relevanten Teams Team anzukündigen, veröffentliche dort den Link zum Termin und bitte darum, das all diejenigen erscheinen mögen, die zur Zielerreichung beitragen können.

Verlasse das Meeting vorzeitig

Wenn Du erst im Meeting feststellst, dass Du keinen Beitrag zur Zielerreichung leisten kannst und somit Deine Zeit im Meeting nicht gut investiert ist, stelle dies kurz z.B. im Chat oder per Wortmeldung klar und verlasse das Meeting.

Als Organisator*in bereite Dein Meeting vor

  • Formuliere das Ziel des Meetings.
  • Lege eine Agenda mit
  • Inhalten fest.
  • Überlege, wie viel Zeit jeder Punkt auf der Agenda benötigt.
  • Plane die Gesamtzeit für das Meeting nur so lang, wie sie für das Erreichen der Ziele benötigt wird.Sorge dafür, dass während des Meetings jemand die Zeit im Blick hat und gegebenenfalls steuert.

Tipp: Eine Team-externe Person für die Moderation beauftragen.

  • Sorge für ein Ergebnisprotokoll und stelle es so zur Verfügung, das Personen, die nicht zum Ergebnis beitragen konnten und deshalb abwesend waren, diese Ergebnisse abrufen und nachlesen können. Nicht per Push verteilen, sondern für Pull bereitstellen.

Als Teilnehmer*in bereite Dich auf das Meeting vor

  • Mache Dich vorab mit den Zielen und der Agenda vertraut.
  • Falls Du Dich in Informationen einlesen musst, mache dies vor dem Meeting.
  • Falls Du Inhalte präsentieren sollst, überlege, ob dies live geschehen muss oder vorab als PowerPoint oder als Videobotschaft bereitgestellt werden kann, so dass im Meeting selbst nur noch die Diskussion dazu stattfindet.

Präsenz vs. Remote Meetings

Je nach Ziel und Inhalt des Meetings sind Präsenz- oder Remoteformate von Vorteil.

  • Sich kennenlernen funktioniert in Präsenz besser.
  • Kritische Gespräche können von der besser wahrnehmbaren Körpersprache in Präsenz profitieren, aber auch vom geschützten Raum der eigenen Wohnung. Hier gibt es kein klares hier oder dort.
  • Kreative Prozesse profitieren häufig von Präsenz und der Möglichkeit, Dinge anzufassen und aus verschiedenen räumlichen Perspektiven zu betrachten.

Alternativen zu Meetings

  • Diskussion im Chat und Dokumentation des Fortschritts auf einem gemeinsamen digitalen Whiteboard (MS Whiteboard, Mural, …)
  • Bereitstellen einer Video- oder Audiobotschaft. Die kann sehr einfach mit Tools aufgenommen werden, die frei verfügbar sind.

Besondere Formate

Insbesondere, wenn ein Team in Präsenz häufig kurze Fragen über den Tisch ruft und so schnell klären kann, resultieren daraus in remote häufig viele kurze Meetings, die den Kalender verstopfen.

Silent Meeting im Hintergrund

Das Silent Meeting läuft im Hintergrund tagelang mit. Es ist ein gewöhnliches Teams-Meeting, dass einfach nur sehr lang ist. Zum Beispiel mehrere Wochen. Wer gerade still am Platz arbeitet, kann dem Meeting beitreten. Machen das alle, die sonst z.B. an einem Schreibtischblock sitzen, können sie sich kurz mal was zurufen, wie sie es auch im Büro täten.

Wer geräuschvoll arbeitet oder in ein Meeting muss, verlässt für diese Zeit das Silent Meeting.

Das Silent Meeting kann auch Personen, die zu Hause alleine sind und sich dort einsam fühlen, das Gefühl von Nähe vermitteln.

Fragestunde im Team

Um nicht permanent durch Chatnachrichten oder unerwartete Fragen aus dem Kontext gerissen zu werden, werden im Team ein oder zwei Termine je Woche à einer Stunde vereinbart, die alle im Kalender stehen haben.

Eine separat, z.B. in Excel, geführte Agenda erlaubt es, einzutragen, wer wen aus dem Team für einen kurzen Austausch von fünf oder zehn Minuten benötigt.

So sind garantiert alle erreichbar und es ist im Vorwege klar, wer wann mit wem sprechen wird.

Rahmenbedingungen

  • Klare, übergreifende Prioritäten, so dass nur an einer überschaubaren Anzahl von Themen parallel gearbeitet wird. Entscheide, was (jetzt) nicht bearbeitet wird.
  • Delegiere Themen klar. Delegation Poker bzw. ein Delegation Board können dabei helfen. Wenn Du eine Rückmeldung vereinbart hast, halte das konsequent nach.
  • Es muss OK sein, „Nein“ zu sagen. Du kannst nicht allen helfen. Ein „Nein“ muss auch akzeptiert werden. Auch die anderen haben begrenzte Ressourcen und sagen nicht „Nein“, weil sie Dich bewusst hängen lassen wollen.
  • Mache Dich frei davon, überall dabei sein und alles wissen zu müssen.

Kommunikationskultur

Situation

Mit der Einführung von Microsoft 365 gibt es neben E-Mails in Outlook und Anrufen per Telefon jetzt auch noch

  • Chats in Teams Kanälen und
  • 1:1 Chats in Teams, sowie
  • Gruppenchats in Teams.

Außerdem finden wir wichtige Informationen in diversen Intranet Orten.

Durch diese vielen Kanäle verlieren wir den Überblick und fühlen uns entweder zu viel oder gar nicht mehr informiert. Wir sind uns nicht sicher, ob die Informationen, die wir senden die Zielgruppe erreichen. Wir sind verunsichert, ob uns wichtige Informationen entgehen.

Ziel

Kommunikation soll wieder Spaß machen und nicht überfordern. Wir möchten das gute Gefühl haben, unsere Botschaften zur Zielgruppe bringen zu können und alle für uns relevanten Informationen mitbekommen zu können.

Erkenntnisse

Vom Push zum Pull

Während die „alten“ Eingangskanäle E-Mail und Telefon im Push Prinzip funktionierten, setzen die „neuen“ Eingangskanäle auf das Pull Prinzip.

Früher hat der oder die Absender*in einer Nachricht entschieden, was für den Kreis der Adressierten relevant sein sollte. Dabei erreichte uns vieles Irrelevante. Das war teilweise lästig, aber auch bequem. Die Verantwortung für Information konnten wir abgeben.

Heute bestimmen wir selbst, welche Nachrichten für uns relevant sind. Das erfordert von uns ein aktives Filtern der Nachrichten aus den Eingangskanälen. Das bedingt aber auch die aktive Auseinandersetzung mit den Konfigurationsmöglichkeiten der verwendeten Tools. Die Verantwortung für Information liegt nun bei uns.

Microsoft 365 erfordert eine neue Kultur

Die Einführung von Microsoft 365 funktioniert nicht erfolgreich, in dem die Funktionen der Tools gelernt werden. Es muss zwingend die Art und Weise, wie wir zusammenarbeiten angepasst werden, um optimalen Nutzen aus den Tools ziehen zu können.

Empfehlungen zur Kommunikation

Folge dem Prinzip „Nutze klar definierte Kommunikationswege und kommuniziere zielgerichtet und der Situation angemessen.“

Grundlage

  • Kläre welcher Kommunikationskanal mit welcher Dringlichkeit verbunden ist.
  • Stimme dies im Team und soweit wie möglich auch teamübergreifend ab.
  • Ideal: Einheitliche Regeln in der gesamten Organisation.

Als Sender*in

  • Übernimm Verantwortung für die Klarheit Deiner Kommunikation.
  • Nutze die Kanäle entsprechend der tatsächlichen Dringlichkeit Deiner Botschaft.
  • Bevorzuge Pull Kanäle.
  • Stelle Informationen zur Verfügung, so dass potentielle Empfänger*innen eigenständig entscheiden können, ob sie diese Information empfangen wollen.

Als Empfänger*in

  • Übernimm Verantwortung für die Vollständigkeit Deiner Information.
  • Mache Dich mit den Benachrichtigungseinstellungen Deiner Tools vertraut.
  • Nutze die Möglichkeiten, um die Anzahl der Benachrichtigungen auf ein wirklich sinnvolles Maß zu reduzieren.
  • Reserviere Dir Zeiten im Kalender, um die Kanäle zu scannen, für die Du keine Benachrichtigungen bekommst, die aber relevante Informationen beinhalten könnten.

Spezialfall Push Kanal E-Mail

Nutze E-Mail vor allem dann, wenn Du die Verantwortung dafür trägst, dass der oder die Empfänger*in die Nachricht bekommt. Das sollte eher die Ausnahme sein.

  • Große Verteiler deuten darauf hin, dass eine Nachricht in einem Pull Kanal (z.B. Teams) die bessere Wahl sein könnte.
  • Nutze „Allen Antworten“ nur dann, wenn wirklich und ausnahmslos „Alle“ Deine Antwort lesen müssen. Ein Danke an den Absender muss nicht den kompletten Verteiler erreichen.

Spezialfall gemeinsam erstellte Dateien

Bedenke, dass Du Dateien, die in der Cloud gespeichert sind gemeinsam und zeitgleich mit mehreren Personen bearbeiten kannst.

  • Das funktioniert (zumindest bei bonprix) auch mit Externen.
  • Nutze die Kommentarfunktion der Microsoft Tools (Word, PowerPoint, Excel), um über Änderungsvorschläge zu diskutieren – so bleibt die Kommunikation am Dokument.
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